Die ehemalige buddhistische Nonne Tenzin Kiyosaki hat jahrelang Sterbende in einem Hospiz begleitet und Gespräche mit ihnen geführt. Unter den Dingen, die die Sterbenden am meisten bereuen, wurde besonders häufig genannt: „Ich habe meine Träume nicht gelebt.“
Um unsere Träume zu leben, müssen wir sie zunächst kennen – und uns daran erinnern. Dabei kann uns eine Löffelliste (auch bekannt als Bucket List) helfen, also eine Liste all der Dinge, die wir vor unserem Tod noch machen wollen. Sie hilft uns, unsere Träume sichtbar und klarer zu machen und kann uns unterstützen, deren Umsetzung anzugehen.
Übrigens: Der Begriff Löffelliste wird abgeleitet von der etwas flapsigen Redewendung „den Löffel abgeben“, Bucket List vom englischen „to kick the bucket“, „den Eimer wegtreten”.
“Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.”
Cicely Saunders
Leben will gelebt werden
Kennst du das auch? In einer Zeitschrift oder im Internet stößt du auf Bilder von traumhaften Stränden, atemberaubenden Gebirgslandschaften und idyllischen Dörfern. In dir erwacht Sehnsucht und du denkst: “Da wollte ich schon immer mal hin!” Oder dir fallen Dinge ein, die du seit langer Zeit lernen oder machen wolltest, wie Segeln, Malen, Schreiben, Töpfern… Doch irgendwie schiebst du es immer wieder vor dir her – ohne genau zu wissen, warum. Unser Leben plätschert dann vor sich hin, dabei will es eigentlich gelebt werden!
Die Löffelliste, unsere To-do-Liste fürs Leben
Es ist so schade, dass so viele Träume nicht verwirklicht werden! Denn viele “Wollte-ich-schon-immer-mals” lassen sich leicht umsetzen. Oft treiben sie sich irgendwo in unserem Unterbewusstsein herum und gelangen nur ab und zu an die Oberfläche, wenn sie uns, warum auch immer, ins Bewusstsein gerufen werden. Durch eine Löffelliste können sie greifbarer werden.
Diese können wir als eine Art To-do-Liste fürs Leben nutzen, denn sie umfasst all die Dinge, die wir vor unserem Tod noch machen oder erleben möchten. Ihr Wert liegt insbesondere darin, dass wir unsere Träume sichtbar machen und viel leichter in die Umsetzung kommen. Denn was wir aufschreiben, bleibt präsenter. Gleichzeitig schaffen wir damit eine gewisse Verbindlichkeit.
Studien belegen, dass Erlebnisse glücklich machen. Und so ist eine Löffelliste in der Regel keine Auflistung von Dingen, die man sich noch kaufen möchte, sondern von Dingen, die man noch erleben möchte. Das können große Vorhaben sein – und ganz kleine.
Vom Glück des Erlebens
Ja, Erlebnisse machen auf mehreren Ebenen glücklich: Im Träumen und Planen, im Tun und auch danach, wenn wir uns daran erinnern und diese Erinnerungen vielleicht auch mit anderen teilen.
Hier einige Dinge, die ich “immer mal machen” wollte: Seit vielen Jahren träumten eine Freundin und ich von einer Wanderung auf dem Gottesackerplateau. Zunächst passte das Wetter nicht, dann kam ganz viel Leben dazwischen. Vor einiger Zeit haben wir diese Wanderung endlich gemacht. Und sie war in mehrfacher Hinsicht großartig! Denn sie war, im wahrsten Sinne des Wortes, ein wahr gewordener Traum. Dazu kam dieses befriedigende Gefühl, etwas von unserer Liste zu streichen (vielleicht musst du dafür aber auch ein Listenfan sein wie ich). Und außerdem konnten wir von dieser kleinen Auszeit lange zehren. Außerdem habe ich mir im letzten Jahr eine Harfe geliehen, um auszuprobieren, ob ich dieses Instrument wirklich lernen möchte. Ich will, habe sie aber für den Moment zurückgegeben, weil sie ein weiteres To-Do auf der Liste war – und das brauche ich momentan nicht.
Ganz besonders stolz bin ich auf mein Buchprojekt. Denn in den vergangenen beiden Jahren habe ich einen Wanderführer mit “Wanderungen für die Seele” erwandert und geschrieben. Was für ein tolles Gefühl war das, als kürzlich der Postbote klingelte und ich mein Buch berühren und durchblättern konnte. (Die Buchreihe aus dem Droste-Verlag gibt es übrigens für ganz unterschiedliche Regionen und ist sehr empfehlenswert, finde ich! Diese Werbung mache ich aus vollem Herzen und ohne Bezahlung.) Doch nicht nur das Buch selbst, auch viele Ziele, die ich erwandert und beschrieben habe, sind „Wollte-ich-schon-immer-mals“. Ein Projekt, von dem ich noch lange zehren werde, denn es hat mir Erfüllung und wunderbare Auszeiten geschenkt!
Fokussiere dich auf dich und deine Träume
Doch zurück zu deiner Löffelliste: Am besten probierst du es einfach aus! Nimm dir Zeit und schreibe deine Lebensträume auf. Die Großen und die Kleinen. Die Weltreise und den Malkurs. Vielleicht möchtest du dir ein schönes Notizbuch besorgen, in dem du die Liste anlegst. Und dann: Träume, schwelge – und lass dir Zeit!
Eine Löffelliste unterstützt dich darin zu erkennen, was du dir wirklich erträumst. Denn du richtest den Fokus auf dich und auf das, was du willst. Welche Wünsche melden sich immer wieder? Vielleicht möchtest auch du verschiedene Kategorien für deine Wünsche anlegen? Diese könnten zum Beispiel sein: Sportarten, kreative Techniken, Ausflugsziele, Reisen, Abenteuer.
Einige Autoren empfehlen eine bestimmte Anzahl von Wünschen auf der Löffelliste. Mich persönlich hemmt das eher, meine Träume sollen sich frei entfalten können, auch in Bezug auf ihre Anzahl. Hier möchte ich mich nicht unnötig begrenzen. Wichtig ist aber, dass du tief in dich hinein spürst und deinen Träumen erlaubst, sich zu zeigen, auch jenen, die du aus heutiger Sicht für unerreichbar hältst..
Die Löffelliste lebt
Ganz wichtig ist: Deine Löffelliste darf leben! Träume kommen und gehen. Manch Lebenstraum ist plötzlich gar nicht mehr so wichtig, dafür tritt ein anderer in den Vordergrund. Du kannst sie regelmäßig hervorholen, darin schmökern, einige Sachen ergänzen, andere streichen. Vielleicht magst du einige der Wünsche mit einem konkreten Datum versehen? Dann kommst du noch leichter in die Umsetzung.
„Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück, es kommt nicht darauf an, wie lang es ist, sondern wie bunt.“ Das schrieb der römische Philosoph Seneca vor vielen hundert Jahren. Wie recht er hatte! Denn mit vielen bunten Erinnerungen in unserem Lebensrucksack bereuen wir am Lebensende ganz gewiss weniger, unser Leben nicht “richtig” gelebt zu haben. Reich an Erfahrungen können wir, wenn unser Lebensende dann näher rückt, zurückblicken und sagen: „Alles richtig gemacht!“